Zürcher lehnen Bau von milliardenteurem Stadttunnel klar ab

Aus für ein umstrittenes Generationen-Verkehrsprojekt in Zürich: Die Stimmberechtigten im Kanton haben sich überraschend deutlich gegen den Bau des 2,3 Kilometer langen Rosengartentunnels und zweier neuer Tramlinien für 1,1 Milliarden Franken ausgesprochen.

Für das Projekt stimmten 148’011 Personen, dagegen waren 249’596. Dies entspricht einem Ja-Stimmenanteil von 37,23 Prozent. Der Kredit dazu wurde mit 142’789 zu 250’402 Stimmen abgelehnt, was einem Ja-Stimmenanteil von 36,32 Prozent entspricht. Die Stimmbeteiligung betrug 44,74 Prozent. Besonders deutlich fiel die Ablehnung mit 29,33 Prozent Ja-Stimmen in der Stadt Zürich aus.

Das Tunnel hätte ein bald 50-jähriges Verkehrs-Provisorium mitten in Zürich ablösen sollen. Die Rosengartenstrasse in Wipkingen wurde 1972 als vorübergehende Transitachse in Betrieb genommen, ist aber längst zur Dauerlösung geworden. Mit über 56’000 Fahrzeugen pro Tag ist sie eine der am stärksten befahrenen Strassen der Schweiz.

Gegner des Vorhabens befürchteten, dass sich mit dem Tunnel die Verkehrsbelastung einfach an andere Orte in der Stadt verschiebt. Zudem wurde nicht goutiert, dass für die Neugestaltung der Rosengartenstrasse und die Tramgeleise Häuser abgerissen werden sollten.

Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP), die sich so stark für das Projekt eingesetzt hat, dass sie sogar als “Miss Rosengarten” bezeichnet wurde, betonte, dass es aus ihrer Sicht eine gute Gesamtlösung gewesen wäre. Sie sei nun froh, dass ein Resultat da sei, sagte sie gegenüber dem Regionaljournal von Radio SRF. Einen Plan B gebe es nicht, nur liege der Ball wieder bei der Stadt Zürich.

Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) zeigte sich überrascht über die Deutlichkeit der Ablehnung. Die Gegnerschaft sei sowohl verkehrs- als auch finanzpolitisch motiviert gewesen. Mauch bedauert in erster Linie, dass das Tram “nun nicht kommt wie geplant”.

Die Bevölkerung habe einen weisen Entscheid getroffen und das nicht zeitgemässe Projekt abgelehnt, schrieb der Verkehrsclub VCS in einer Reaktion. Eine tatsächliche Verkehrsberuhigung gelänge nicht mit einer unterirdischen Verlagerung und Ausweitung des Verkehrs, so die Grünen. Es brauche innovative Konzepte und nicht die immer gleichen Rezepte aus der Mottenkiste der Siebzigerjahre, teilte die SP mit.

FDP, SVP und EVP des Kantons Zürich zeigten sich über das Nein zur Rosengartenvorlage enttäuscht. Die Blockadepolitik der rot-grünen Parteien sei erfolgreich gewesen und habe eine Lösung am Rosengarten verhindert. Ein zukunftsträchtiges Miteinander aller Verkehrsträger sei auf absehbare Zeit nicht in Sicht.

Chancenlos waren die zwei Steuerinitiativen von Juso und Jungfreisinn. Sie wurden klar abgelehnt. Beide Jungparteien wollten an den Einkommenssteuern schrauben.

Die “Entlastungsinitiative” der Zürcher Juso wollte die unteren und mittleren Einkommen steuerlich entlasten und höhere Einkommen stärker belasten. Für das Begehren stimmten 166’279 Personen, dagegen waren 230’051. Dies entspricht einem Ja-Stimmenanteil von 41,95 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei 44,65 Prozent.

Die “Mittelstandsinitiative” der Jungfreisinnigen wollte alle Steuerpflichtigen entlasten und insbesondere die oberste Progressionsstufe für die Bestverdienenden abschaffen. Mit 116’678 zu 277’140 Stimmen lehnten die Stimmberechtigten auch dieses Begehren ab. Der Ja-Stimmenanteil betrug somit 29,63 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei 44,53 Prozent.

Ausserhalb der jeweiligen politischen Pole stiessen beide Initiativen auf Ablehnung. Die “Mittelstandsinitiative” wurde als “Etikettenschwindel” kritisiert, die “Entlastungsinitiative” als “gefährliches Steuerexperiment”.

Hingegen haben die Zürcher Stimmberechtigten knapp ein neues Taxigesetz angenommen, welches das Taxi- und Limousinenwesen erstmals kantonal einheitlich regelt. Es ersetzt zahllose kommunale Regelungen.

Zudem gibt es Vorgaben für Fahrdienste wie Uber. Nebst der kantonalen Vereinheitlichung soll das neue Regelwerk die Qualität der Transportangebote sichern oder sogar verbessern.

Für das Gesetz stimmten 199’200 Personen, dagegen waren 179’296. Dies entspricht einem Ja-Stimmenanteil von 52,63 Prozent. Die Stimmbeteiligung betrug 43,43 Prozent.

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