Velofahren soll Alltagskultur werden – Stadt Bern lanciert Kampagne

Die Stadt Bern will nicht nur in eine bessere Infrastruktur fürs Velofahren investieren, sondern auch die Bevölkerung zum Radfahren im Alltag animieren. Am Freitag hat die Stadt eine entsprechende Kampagne lanciert.

“Das Velofahren soll in Bern zur Alltagskultur werden”, wünscht sich Gemeinderätin Ursula Wyss (SP). In europäischen Städten wie Amsterdam oder Kopenhagen sei die Fortbewegung mit dem Velo ganz und gar in den Alltag integriert. “In Bern sind wir noch nicht so weit”, bilanzierte Wyss am Freitag vor den Medien.

Mit einer Plakatkampagne und Aktionen in den sozialen Medien will die Stadt die Bevölkerung dazu animieren, sich vermehrt in den Velosattel zu schwingen.

“Zäme ga bügle” oder “Zäme i Fyrabe” sind zwei Plakatsujets, die Möglichkeiten aufzeigen wollen, in welchen Alltagssituationen sich Bernerinnen und Berner mit dem Velo fortbewegen können.

Die Stadt brauche dazu eine gute Velo-Infrastruktur, betonte Wyss. In Zukunft könne sei sich vorstellen, dass der Veloverkehr vollständig abgetrennt vom übrigen Verkehr geführt werden soll. Doch zunächst gehe es darum, die bestehenden Strukturen zu verbessern und alles, was rasch und einfach umgesetzt werden könne, zu tun.

Die Stadtregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis im Jahr 2030 der Anteil der Velofahrenden am Stadtverkehr von 11 auf 20 Prozent erhöht werden soll. Bis dahin will die Stadt ihr Velonetz schrittweise ausbauen. Dazu gehören unter anderem Velohauptrouten. Eine erste führt seit 2016 vom Bahnhof ins Wankdorf.

An einer weiteren Hauptroute zwischen Bern und Köniz laufen aktuell die letzten Arbeiten. Als nächstes steht eine Velohauptroute nach Ostermundigen auf dem Programm, wie Vogel ausführte.

Für die dreijährige Velokampagne hat der Stadtrat im November 2017 einen Kredit von 350’000 Franken bewilligt. Eigentlich wären rund 750’000 Franken anbegehrt worden, doch wegen eines Missverständnisses kam ein Kürzungsantrag überraschend durch. In der vorangegangenen Debatte hatte eine Mehrheit hingegen Zustimmung zum vollen Kreditbetrag signalisiert.

Grund für das Malheur: Ein Parlamentarier hatte sich verhört, was dazu führte, dass die gesamte GFL/EVP-Fraktion den falschen Abstimmungsknopf drückte. Zu einer Wiedererwägung des Geschäfts kam es am diesem Abend im Stadtrat nicht mehr, da dafür die nötige Zweidrittelsmehrheit nicht erreicht wurde.

Nun kommt die Stadtregierung auf ihre Art auf den Fauxpas zurück und beantragt, den damals verabschiedeten Kredit von 350’000 Franken um 400’000 Franken aufzustocken. Angesichts des Umstandes, dass sich eine Mehrheit des Rates ursprünglich für den vollen Betrag ausgesprochen hat, erachtet es der Gemeinderat “als opportun”, dem Stadtrat die Aufstockung des Kredits auf 750’000 Franken zu unterbreiten.

Stimmt der Stadtrat zu, soll die Kampagne insbesondere Familien, Kinder und Jugendliche noch stärker ansprechen, wie Karl Vogel, Leiter Verkehrsplanung der Stadt Bern vor den Medien ausführte.

Für Velo-Schlagzeilen sorgte diesen Sommer der Veloverleiher Publibike. Die Postauto-Tochter zog ein Verleihsystem in Bern und anderen Städten auf, mit Fahrrädern, deren Schlösser mit einem einfachen Trick zu knacken waren. In der Folge wurden so viele Velos gestohlen, dass Publibike schliesslich die restliche Flotte einzog und die Fahrräder nachrüsten musste.

Unterdessen sind die Veloschlösser nachgerüstet. Bei Publibike wurden keine Diebstähle und Manipulationen an den Schlössern mehr verzeichnet. “Technisch ist alles im grünen Bereich”, sagte Publibike-Sprecher Urs Bloch am Freitag auf Anfrage.

Auch mit der Auslastung ist Publibike zufrieden. Die Nachfrage sei zum Teil besser als vor dem Einzug der Flotte. An Wochentagen werden in Bern laut Bloch bis zu 1500 Fahrten absolviert.

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