Aufsicht ordnet Überprüfung der Atomkraftwerke Gösgen und Beznau an

Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) hat die Atomkraftwerke Beznau und Gösgen zur Überprüfung ihrer Dampferzeuger aufgefordert. Das ENSI reagiert damit auf Informationen aus Frankreich, wo fehlerhafte Bauteile aufgetaucht waren. Inzwischen ermittelt auch die französische Justiz.

nuclear-power-plant-284122_640Die Qualität und die Ausführung der Schmiedeteile für die Dampferzeuger müssten hinsichtlich der Einhaltung der Materialspezifikationen überprüft werden, heisst es in einer Mitteilung des ENSI vom Dienstag.

“Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir keine Hinweise darauf, dass die Dampferzeuger in Beznau und Gösgen von unzulässigen Abweichungen der Materialeigenschaften betroffen sind”, wird Georg Schwarz, stellvertretender ENSI-Direktor und Leiter des Aufsichtsbereichs Kernkraftwerke, in der Mitteilung zitiert.

Um rasch erste Erkenntnisse zu erhalten, fordert das ENSI eine vertiefte Überprüfung der Herstellungsunterlagen. Auch die Durchführung von zerstörungsfreien Materialprüfungen seien zur weiteren Abklärung des Sachverhalts zu prüfen. Die Ergebnisse der Überprüfung müssen dem ENSI bis Ende April 2017 eingereicht werden.

Die französische Atomaussichtsbehörde ASN hatte Ende September 2016 darüber informiert, dass nach den bisherigen Ergebnissen von Qualitätskontrollen an mehreren Schmiedeteilen von Dampferzeugern Bereiche mit erhöhtem Kohlenstoffgehalt festgestellt worden seien. Ein erhöhter Kohlenstoffgehalt könne zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften des Stahls führen, schreibt das ENSI.

Bei den Überprüfungen in Frankreich sei darauf hingewiesen worden, dass potentiell gefährdete Schmiedeteile auch in ausländischen Kernkraftwerken eingebaut worden seien. Dies habe das ENSI veranlasst, die Dampferzeuger in Beznau und Gösgen prüfen zu lassen, erklärt Schwarz.

Die Dampferzeuger in Beznau waren in den 1990er-Jahren ausgetauscht worden. Jene, die heute im Einsatz sind, wurden teilweise in Le Creusot Forge hergestellt, von der potentiell gefährdete Schmiedeteile stammten. Die Komponenten der Dampferzeuger in Gösgen stammen laut ENSI aus deutschen Schmieden.

Inzwischen hat auch die französische Justiz wegen des Verdachts von Unregelmässigkeiten bei französischen Bauteilen für Atomkraftwerke Ermittlungen aufgenommen. Der französische Atomkonzern Areva hatte gemäss früheren Berichten Unregelmässigkeiten in Unterlagen zu Hunderten Bauteilen entdeckt.

Es ging dabei um Bauteile, die in der Fabrik des Atomkonzerns Areva in Creusot hergestellt wurden. Areva-Chef Philippe Knoche hatte im Sommer in einem Interview gesagt, er könne nicht ausschliessen, dass Angaben gefälscht worden seien.

Das ENSI hatte bereits im vergangenen Juni gefordert, dass die Atomkraftwerke Informationen einholen und prüfen, ob Bauteile der Schmiede Creusot Forge mit allfällig fehlerhafter Herstellungsdokumentation im Einsatz gewesen seien oder seien. Alle Werke hätten bestätigen können, dass die Herstellungs- und Materialzeugnisse für alle verwendeten Schmiedeteile für die sicherheitsrelevanten Hauptkomponenten vollständig dokumentiert seien.

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