Der Fahrplanwechsel am 11. Dezember katapultiert die SBB auf der Nord-Südachse in ein neues Zeitalter: Die fahrplanmässige Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels bringt mehr und schnellere Züge von der Deutschschweiz ins Tessin. Die alte Bergstrecke will die SBB aber nicht vernachlässigen.
“Wir sind stolz darauf, unten durch – im sichersten Tunnel der Welt – fahren zu können”, sagte der Leiter Verkehr SBB, Toni Häne, am Donnerstag vor den Medien in Zürich. “Wir sind gut gerüstet und bereit, den schnellen Weg in den Süden in Betrieb zu nehmen”.
2900 Mitarbeitende seien mit Blick auf das neue Angebot geschult, 18 Intercity-Neigezüge, 13 Lokomotiven Re 460 und 119 Intercity-Wagen umgerüstet worden, führte Häne weiter aus. Um einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten, wurden in den letzten Monaten 5000 Probefahrten durchgeführt. An einzelnen Tagen wurden bereits Züge fahrplanmässig über den längsten Bahntunnel der Welt geleitet.
Gestartet wird der Regelbetrieb durch den Tunnel am 11. Dezember um 6 Uhr morgens mit einem Sonderzug mit geladenen Gästen von Zürich nach Lugano. In der Tessiner Metropole wird dann auch der umgestaltete Bahnhof gefeiert.
Die Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnel ist die grösste Veränderung des diesjährigen Fahrplanwechsels. Durch das Jahrhundertbauwerk verkürzt sich die Reisezeit zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin und umgekehrt um rund 30 Minuten, nach Italien beträgt der Zeitgewinn 40 Minuten. Auf dem restlichen Netz kommt es lediglich zu kleineren Änderungen im Fern- und Regionalverkehr.
Zum täglichen Grundangebot auf der neuen Nord-Südachse durch den Basistunnel gehören drei Schnellzüge pro zwei Stunden in beiden Richtungen. Je alle zwei Stunden verkehren der EC Zürich-Mailand, der IC Zürich-Lugano und der IC Basel-Lugano. An Wochenenden setzt die SBB zwischen Zürich und Lugano zusätzliche Züge im Halbstundentakt ein.
Mit dem Fahrplanwechsel büssen Basel und Luzern je einen morgendlichen Direktanschluss ins Tessin ein. Die direkten Züge um 5.04 Uhr ab Basel und 6.18 Uhr ab Luzern werden gestrichen – weil nicht zwei Frühzüge Platz haben und das Angebot auf die viel grössere Nachfrage in Zürich ausgerichtet wird, wie Häne erklärte.
Das Gesamtangebot an Direktverbindungen bleibt jedoch mit je 7 Zügen für Basel und Luzern unverändert. Der morgendliche Ausfall werde am Abend kompensiert, sagte eine SBB-Sprecher auf Nachfrage. Ab Zürich gibt es neu 17 Direktverbindungen in den Süden.
Nicht vernachlässigen will die SBB die alte Gotthard-Bergstrecke. “Wir wissen, welche Bedeutung diese Strecke hat”, versicherte Häne. Mit einem attraktiven Angebot wolle die Bahn dem “Mythos Gotthard” gerecht werden.
Dazu gehören stündliche Regioexpress-Züge zwischen Erstfeld und Bellinzona mit Anschluss an die Fernverkehrszüge in Erstfeld und Bellinzona. Bei starker Nachfrage werden einzelne Interregio-Züge aus Basel und Zürich weiterhin bis Göschenen geführt.
Von April bis Oktober führt an Wochenenden und Feiertagen zusätzlich ein so genannter “Gotthard-Weekender” von Zürich direkt nach Bellinzona über die Gotthard-Panoramastrecke.
Vor allem Touristen anlocken will die SBB ab Ostern bis Ende Oktober mit dem neuen “Gotthard Panorama Express” – ein Angebot, das von Luzern per Schiff nach Flüelen und anschliessend im Zug über die Gotthard-Panorama-Strecke ins Tessin führt.
Sowohl auf der Berg- als auch auf der Neubaustrecke gibt es auch in Zukunft einen Veloselbstverlad. Für die Fahrt durch den 57 Kilometer langen Tunnel müssen die Veloplätze von März bis Oktober reserviert werden. Häne begründete dies mit den hohen Sicherheitsbestimmungen, die eine “aktive Lenkung” der Kunden mit Velos notwendig machten.
Die SBB habe ein intensives Jahr hinter sich, stellte die Leiterin Personenverkehr, Jeannine Pilloud, fest. Stark gefordert hätten das Unternehmen die rund 1200 Sonderzüge, die vor allem an Wochenenden eingesetzt werden mussten.
Neben der laufenden Verbesserung des Angebotes wolle die SBB weitere Anstrengungen unternehmen, um die vieldiskutierte Pünktlichkeit im Nord-Süd-Verkehr zu verbessern. Die eingeleiteten Massnahmen hätten bereits Wirkung erzielt; die Pünktlichkeit der Züge sei allerdings immer noch leicht tiefer als im Durchschnitt.
Ein “Allzeithoch” erreicht hat die SBB laut Pilloud bezüglich Kundenzufriedenheit. Ein Indiz dafür seien auch die 2’380’524 Halbtaxabonnemente, die derzeit im Umlauf sind. Etwas weniger steil sei der Anstieg bei den Generalabonnementen.
Der laufende Ausbau des öffentlichen Verkehrs hat seinen Preis. So werden mit dem Fahrplanwechsel die Einzelbillette der 1. und 2. Klasse um durchschnittlich 2,5 Prozent teurer. Bei den Generalabonnementen beträgt die durchschnittliche Preiserhöhung 4,2 Prozent. Ein GA 2. Klasse kostet neu 3860 Franken, das sind 205 Franken mehr als bisher.
Eine Ausweitung erfährt das Billett-Sortiment. So können mit der Kinder-Mitfahrkarte neu alle Begleitpersonen über 16 Jahre für 30 Franken pro Jahr mit einem Kind unter 16 Jahren mit dem öffentlichen Verkehr reisen. In dieses Angebot integriert ist die bisherige Enkel-Karte. Neu können die Begleitpersonen nicht nur Eltern oder Grosseltern sein, sondern auch Nachbarn, Tante, Onkel oder Freunde sein.
Ab Anfang April 2017 wird zudem schweizweit das Modul-Abo eingeführt. Dieses ermöglicht die Kombination von Strecken mit lokalen Verkehrsverbunden und deren Streckennetzen.