Hausaufgaben für Baselbieter Wasserversorger aus Langzeitstudie

Eine gut dreijährige Untersuchung der Baselbieter Trinkwasserversorgung bringt den Wasserversorgern Hausaufgaben: Zwar ist das Wasser sauber genug, doch damit das auch in Zukunft so bleibt, wird zu grösseren Verbünden, neuen Kontrollen und zusätzlichen Reinigungsstufen geraten.

drops-of-water-578897_640Das Baselbieter Amt für Umweltschutz und Energie (AUE) und das Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (ALV) hatten zusammen mit dem ETH-Wasserforschungsinstitut EAWAG und weiteren Schweizer Experten die Strukturen untersucht. Am Montag stellten die Behörden Ergebnisse und Schlussfolgerungen daraus in Liestal den Medien vor.

Die Trinkwasserproduktion im Landkanton sei sicher, hiess es vorab. Allerdings seien Spuren aus der Siedlungsentwässerung und der Landwirtschaft festzustellen. Zudem erschwerten kleinräumige Strukturen den Grundwasserschutz und die Sicherheit. Empfohlen wird insbesondere, dass sich kleine ländliche Versorger zusammentun – grössere Anlagen sind tendenziell sicherer.

Derzeit bestehen in den 86 Baselbieter Gemeinden insgesamt 95 Wasserversorgungen, wie AUE-Ressortleiter Wasser und Geologie Adrian Auckenthaler ausführte. Bei Trübungen werden Fassungen vorübergehend vom Netz genommen. Will man künftig auch trüberes Wasser nutzen, macht das zusätzliche Aufbereitungsanlagen nötig.

Die Untersuchung dokumentiert unter anderem, wo Grundwasserströme bei Wasserfassungen verlaufen. Sinnvollerweise sollten oberhalb liegende Gemeinden Schutzgebiete ausscheiden zum Nutzen der Kommunen unterhalb. Das solle dann auch abgegolten werden, sagte Auckenthaler. Der Kanton biete Beratung und Vermittlerdienste an.

Für die Untersuchung wurden mehrere Gebiete im Laufental, Waldenburgertal und dem Birstal samt Agglomeration Basel einbezogen. Nach Kooperations-Präferenzen gefragt, sprachen sich Gemeinden für Zweckverbände oder öffentlich-rechtliche Genossenschaften aus. Die Studie rät zudem dem Kanton zu mehr Raumplanung.

Der löchrige Kalkuntergrund im Baselbieter Jura mache bessere Kontrollen der mikrobiologischen Belastungen nötig, speziell im oberen Kantonsteil, heisst es weiter. Viele Wasserfassungen stehen in der Nähe von Fliessgewässern, die Belastungen eintragen können. Daher sei ein strenger Vollzug des Gewässerschutzrechts notwendig.

Ein Spezialfall ist die Hardwasser AG als deutlich grösstes Wasserwerk: Sie pumpt Rheinwasser in den Hardwald-Boden und pumpt es unterhalb als vorgefiltertes Trinkwasser wieder hoch. Jährlich macht sie so aus rund 30 Millionen Kubikmetern Rheinwasser 15 Mio. m3 Trinkwasser, wovon ein Drittel an Baselbieter Hahnen geht.

pool-802025_640Durch das Rheinwasser entsteht im Boden ein so genannter “Trinkwasserberg”, der etwa Verunreinigungen aus nahen Deponien fernhalten soll. Laut der Studie schwindet dieser Berg jedoch rasch, wenn kein Rheinwasser mehr zufliesst und weiter Trinkwasser abgepumpt wird: Nach vier Tagen nähmen Grundwasser-Zuflüsse von ausserhalb zu.

Falls beispielsweise wegen einer chemischen Verunreinigung kein Rheinwasser verwendet werden kann, muss die Trinkwasserförderung in der Hard daher heruntergefahren werden. Laut Auckenthaler würde dann auf das Birstal ausgewichen; wegen dessen kleineren Kapazitäten müsste man in einer solchen “Notsituaion” den Wasser-Gürtel enger schnallen.

Der Grundwasserberg wirkt im Übrigen im Westteil der Hard schwächer. Die Hardwasser AG solle daher ihr Prozedere optimieren, rät die Studie. Dies werde bereits berücksichtigt, heisst es beim Unternehmen; jene Brunnen seien ausser Betrieb.

Mit einer zusätzlichen Oxidationsanlage mit Ozon oder UV-Licht könnte die Hardwasser zudem die Betriebsdauer ihrer seit Dezember 2013 laufenden Aktivkohlefilter in Birsfelden verlängern. Derzeit geht man von vier Jahren Nutzdauer bis zum Kohletausch aus; je nach Stoff könnte man mit Ozon ein Jahr und mit UV-Licht sechs Jahre länger filtern.

Allerdings ist ein Ozon- oder UV-Filter gemäss Urs von Gunten von der EAWAG von den nun gemessenen Belastungen her nicht zwingend, sondern eine politische Frage. Mehr Sauberkeit und Sicherheit stünden zudem ein erheblicher zusätzlicher Energieverbrauch respektive neu anfallende Abfallstoffe gegenüber.

Ebenfalls untersucht wurde als Alternative das direkte Filtern von Rheinwasser ohne Umweg über den Waldboden. Dies wird jedoch als nicht sinnvoll taxiert wegen hoher Temperaturschwankungen und der Notwendigkeit einer zusätzlichen Desinfektion sowie markant höherem Aktivkohleverbrauch.

Die Untersuchung der Trinkwasserversorgung geht zurück auf die von der Regierung 2012 beschlossene Wasserstrategie. Der Kanton steuerte 4,3 Millionen bei. Diese Mittel stammen aus dem von der Industrie geäufneten Trinkwasserfonds – in der Kantonskasse wäre derzeit dafür kein Geld, sagte Bau- und Umweltschutzdirektorin Sabine Pegoraro.

Die Regierung hat die Ergebnisse der Untersuchung am 1. November formell zur Kenntnis genommen. Wie sie in die Praxis einfliessen, wollen der Kanton und die Gemeinden im Rahmen des paritätischen Prozesses “Verfassungsauftrag Gemeindestärkung” (VAGS) festlegen.

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