Zersiedlung in Europa schreitet besorgniserregend voran

Europas Landschaften werden immer mehr von Siedlungen eingenommen und zerstückelt. Weil das schleichend vor sich geht, unterschätzen Entscheidungsträger das Ausmass des Problems, befindet eine Studie unter Leitung der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL.

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Siedlungen wachsen immer mehr in die umgebende Landschaft hinein. Dadurch schwinden in vielen europäischen Ländern offene Landschaften und Ackerfläche. Böden werden zunehmend versiegelt und invasive Arten breiten sich aus. Zu diesem Schluss kommt der Bericht “Urban sprawl in Europe”, der die Entwicklung der Zersiedlung in 32 europäischen Ländern für die Jahre 2006 bis 2009 zusammenfasst.

Im Auftrag der Europäischen Umweltagentur und des Bundesamts für Umwelt (BAFU) erstellte ein internationales Forscherteam um Felix Kienast von der WSL eine europaweite Karte der Zersiedlung und untersuchte, was diesen Prozess antreibt. Die verwendete Beurteilungsmethode wurde an der WSL entwickelt, wie die Forschungsanstalt am Freitag mitteilte.

Der aktuelle Grad der Zersiedlung in vielen europäischen Ländern sei besorgniserregend und dürfte weiter zunehmen, attestieren die Studienautoren. Landschaften werden dadurch zunehmend zerschnitten, was unter anderem einheimische Arten benachteiligt. Dafür breiten sich invasive Arten wie der Japanknöterich oder der Götterbaum zunehmend aus.

Auch erhöhe die Zersiedlung in der Regel auch die Menge ausgestossener Treibhausgase wie CO2, schrieb die WSL. Zudem steigen Infrastrukturkosten für Transport, Wasser und Strom. Versiegelte Böden können auch ihre wichtigen Funktionen für Nährstoff- und Wasserkreislauf nicht mehr erfüllen.

Trotz Warnungen vor den Folgen der Zersiedlung hat diese in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Weil sich die Landschaft durch den Siedlungsdruck nur langsam ändert, nehmen Entscheidungsträgerinnen und Politiker diese Entwicklung nicht als dramatisch wahr und unterschätzen die Folgen für ländliche Regionen.

Die Zersplitterung der Landschaft sei nicht allein das Ergebnis des Bevölkerungswachstums, sie hänge auch mit der zunehmenden Lebensqualität zusammen, so das Studienergebnis. Vor allem die hohe Nachfrage nach mehr Raum zum Wohnen treibe die Entwicklung voran.

Dahinter steckt unter anderem die Sehnsucht vieler Menschen nach einem eigenen Einfamilienhaus mit Garten. Andererseits werden dadurch offene Landschaften seltener und können bestimmte Leistungen – nicht zuletzt als Erholungsraum – nicht mehr erbringen.

Um dem entgegen zu wirken seien verlässliche kartographische Daten, eine genauere Beobachtung der Entwicklung und statistische Analysen der treibenden Kräfte nötig, schrieb die WSL. Der Bericht liefere hierfür die Grundlagen.

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