Mit der ersten offiziellen Fahrt von zwei Personenzügen ist der neue Gotthard-Basistunnel am Mittwochmittag eingeweiht worden. Nach rund einer halben Stunde kamen die 1000 Personen fast gleichzeitig – unter Pfiffen und Applaus – im Süden und im Norden an. Auch Merkel, Hollande und Renzi sind inzwischen gelandet.
Bei ihrer Ankunft wurden die Fahrgäste – 1000 Personen, die in der Verlosung ein Ticket ergattern konnten, – von den Ehrengästen, dem Militärspiel und einem Feuerwerk empfangen. Den Startschuss für die Abfahrt hatte Bundespräsident Schneider-Ammann gegeben mit den Worten “Bahn frei! Place aux trains! Via libra pils trens! Via libera ai treni!”
Während der Fahrt der Züge wurde den Gästen an den beiden Portalen ein Spektakel zum Mythos Gotthard und dem hochmodernen neuen Tunnel gezeigt. Die Inszenierung mit 600 Darstellerinnen und Darstellern fand gleichzeitig in Pollegio TI und Rynächt UR statt.
Auch mit ihren Eröffnungsreden an den beiden Portalen unterstrichen Schneider-Amman und Verkehrsministerin Doris Leuthard die Bedeutung des Gotthard-Basistunnels als neue Verbindungsstrecke zwischen Nord und Süd in Europa.
“Wir vollenden ein Jahrhundertwerk – ein Werk, an dem von der ersten Skizze bis zur Planung und dem Bau des Tunnels mehrere Generationen mitgewirkt haben”, sagte Schneider-Ammann in Anwesenheit von Bundesräten, zahlreichen Parlamentariern und Ehrengästen in Rynächt.
Das erfülle ihn mit Stolz, aber auch mit Demut. Dass ein solches Jahrhundertwerk gelinge, sei nicht selbstverständlich. Er dankte allen, die dazu beigetragen hätten.
Übertragen wurde die Rede ans Südportal in Pollegio TI. Dort betonte Leuthard in ihrer Rede, der neue Tunnel sei auch ein Symbol für Offenheit und Fortschritt. “Wir verbinden unterschiedliche Sprachen und Kulturen”, sagte sie. Damit werde auch der Zusammenhalt in der Schweiz wie in Europa gestärkt.
Die Verkehrsministerin kam auch auf die Verlagerungspolitik zu sprechen, die mit dem heutigen Tag neuen Schub erhalte. “Wir können noch mehr Güter von der Strasse auf die Schiene bringen.” Dies zum Wohl der Alpen, der Natur und der Bevölkerung. Diese Überzeugung habe sich auch in der europäischen Verkehrspolitik durchgesetzt.
Zuvor hatte sich Leuthard sehr emotional über die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels gezeigt. Sie habe den Stolz der Schweizer Bevölkerung gespürt und zugleich viel Wertschätzung durch ausländische Staatschefs erfahren.
Auch Bundespräsident Johann Schneider-Ammann hatte kurz vor der Eröffnung betont, er sei erfreut, dass das Jahrhundertbauwerk auch in Europa seine Anerkennung finde und die Regierungschefs der Nachbarländer der Schweiz ihre Ehre erweisen würden.
Als Erste trafen der österreichische Bundeskanzler Christian Kern und der liechtensteinische Regierungschef Adrian Hasler am Mittag auf dem Festgelände in Rynächt ein. Sie wurden von Schneider-Ammann empfangen.
Wenig später landeten die Maschinen des französischen Präsidenten François Hollande und des italienischen Premiers Matteo Renzi in Zürich. Die beiden wurden per Super Puma nach Uri geflogen. Später stiess auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu ihnen. Um halb zwei fahren sie zusammen durch den neuen Tunnel.
Die Anwesenheit der EU-Spitzenpolitiker bei der Gotthard-Eröffnungsfeier will der Bundespräsident unter anderem für Gespräche über die Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative nutzen. Die Schweiz habe den Tunnel schliesslich auch für Europa gebaut.
Sie habe damit gezeigt, dass sie auch solidarisch sei, sagte Schneider-Ammann. Im Gegenzug habe man auch gewisse Erwartungen. Es gebe noch sehr viel zu verhandeln und zu reden. “In der heutigen lockeren Stimmung kommen wir vielleicht besser voran”, sagte er. Diese Chance wolle er Nutzen.
Zum Auftakt der Feierlichkeiten war der Tunnel gesegnet worden. Geistliche dreier Religionen führten am Morgen gemeinsam eine Segnungszeremonie durch. Diese fand aus Sicherheitsgründen nicht im Tunnel selbst, sondern beim Zuganggsstollen Amsteg in einem sogenannten Mustertunnel zwei Kilometer tief im Berg drin statt.
Im Licht von einigen wenigen Scheinwerfern beteten ein Pater, eine Pfarrerin, ein Imam und ein Rabbiner um den Segen für alle Reisenden und Arbeiter im Tunnel. Auch ein Atheist nahm an der Zeremonie teil. Die schlichte Zeremonie kam ohne Musik und Publikum aus.