Viele kleine Firmen erhalten keine Bankkredite

Für kleinere Firmen ist es schwieriger, Bankkredite zu erhalten, als für grosse. Mehr als die Hälfte der Gesuche für Geschäftskredite von KMU weltweit werden abgelehnt, bei den multinationalen Konzernen sind es nur 7 Prozent. In der Schweiz zahlen manche kleine Firmen auch den Preis für schärfere Regulierungen.

financial-crisis-544944_640Seit 2014 hätten die kleineren Firmen Sorgen, sagte Christian Wenger, Direktor der Westschweizer Bürgschaftsgenossenschaft Cautionnement romand, der Nachrichtenagentur sda. Während mittelgrosse Firmen für die Banken interessant seien, hätten kleinere Mühe, sich zu finanzieren. Ein Grund dafür sei die verschärfte Bankenregulierung, welche die Kosten und Risiken erhöhe.

Aber auch wegen wirtschaftlichen Bedingungen – unter anderem der Aufgabe des Euro-Mindestkurses – würden Investitionen auf Eis gelegt. “Es gibt zahlreiche Unsicherheiten”, sagte Wenger. Die Banken würden stattdessen auf mittelgrosse Unternehmen setzen.

Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) teilen Wengers Analyse nur bedingt. Laut Martin Godel, Leiter KMU-Politik beim SECO, übersteigt die Nachfrage nach Krediten das Angebot insgesamt nicht. Eine laufende Studie soll diese Frage aber noch vertieft klären.

Der Kreditmarkt sei zwar nicht direkt mit dem starken Franken verknüpft. Allerdings könnten die Banken angesichts der Auswirkungen der Frankenstärke auf die Firmen vorsichtiger werden, räumte Godel ein. Nach Angaben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom letzten Januar wurden indes fast 30 Prozent der Kredite nicht beansprucht.

Und laut einer 2013 publizierten Umfrage des SECO ist für viele KMU Fremdkapital von der Bank gar kein Thema. Zwei Drittel arbeiten nur mit Eigenkapital oder anderen externen Finanzierungsquellen wie Darlehen von Dritten. Damals erhöhte sich die Zahl jener, die eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen erwarteten. Seither sind die Bedingungen noch restriktiver geworden.

Beim Gewerbeverband läuten derzeit wegen des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und des Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) die Alarmglocken. Sollten diese gemäss dem aktuellen Entwurfs vom Parlament verabschiedet werde, würden die KMU vom “Markt gedrängt”, sagte Sprecher Bernhard Salzmann.

Dass die Bedingungen für kleine Unternehmen schwierig sind, zeigt sich laut Wenger daran, dass manche auf ihr Alterskapital zurückgreifen, um ihr Geschäft zu starten. Eine “beschämende” Situation, findet er.

Die von der Cautionnement romand bewilligten Dossiers sind indes rückläufig: 2015 waren es 210, im Jahr zuvor noch 230. Wenger begründet diesen Rückgang mit der Angst der Unternehmer, etwas Neues zu wagen.

Der Bund unterstützt die Cautionnement romand ebenso wie drei weitere Bürgschaftsgenossenschaften, die den KMU leichteren Zugang zu Bankkrediten verschaffen sollen: BG Mitte, BG Ost-Süd sowie die SAFFA, die nur Unternehmerinnen fördert. Diese Organisationen können den Banken, die den Firmen das Geld leihen, Garantien bieten.

Wegen des starken Frankens und der wirtschaftlichen Unsicherheiten soll die Bürgschaftslimite dieser Organisationen von aktuell 500’000 Franken auf eine Million Franken angehoben werden. Das Parlament beauftragte den Bundesrat Mitte März, das Bundesgesetz entsprechend anzupassen.

Momentan nutzen allerdings 70 Prozent aller Bürgschaften Beträge von weniger als 200’000 Franken. Nur rund 10 Prozent der seit 2007 gewährten Bürgschaften schöpften das heutige Limit von 500’000 Franken aus. Aber die Übernahme und die Übertragung von Firmen, die rund ein Drittel der bearbeiteten Dossiers betreffen, erfordere eine höhere Limite, sagte Wenger.

“Wir benötigen diese Millionen jetzt”, sagte Wenger. Sonst drohten Schliessungen oder Aufkäufe durch grosse Firmen. Die Forderung nach einer höheren Limite wird auch vom Gewerbeverband unterstützt: Die Bürgschaftslimiten müssten mit den gestiegenen Investitionskosten mithalten.

Manchen Firmen versagen aber auch die Bürgschaftsgenossenschaften finanzielle Unterstützung. Wie Wenger zugibt, sprach er sich 2010 gegen den Ferienwohnungsvermittler HouseTrip aus. Ende April wurde das Lausanner Unternehmen mit inzwischen 220 Mitarbeitenden vom Reiseportal TripAdvisor aufgekauft.

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