Ersatzneubau und Renovationen werden im Wohnbau immer wichtiger

Die Anzahl freier Mietwohnungen steigt seit Jahren. Immer mehr Renditeliegenschaften werden in die Höhe gezogen. Doch viele bleiben leer, weil sie am falschen Ort gebaut wurden. Nun scheint sich ein Wandel abzuzeichnen.

Der Neubaumarkt dürfte den Zenit erreicht haben, erklärt die Immobilienberatungsfirma Wüest Partner. Gemäss dem jüngsten am Donnerstag veröffentlichten “Immo-Monitoring” ist die Zahl der Bewilligungen für neue Wohneinheiten im zweiten Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent gesunken. Die Bewilligungen für Geschäftsflächen sanken gar um 20 Prozent.

Dagegen werden die Umnutzung von bestehenden Liegenschaften und der Ersatzneubau von bestehenden Immobilien immer wichtiger. Diese dürften einen Teil des Rückgangs bei den Neubauten kompensieren.

Um der Zersiedelung Einhalt zu gebieten und dort Wohnungen zu produzieren, wo sie nachgefragt werden, treiben die Investoren die Verdichtung voran. Immer mehr neue Wohnungen würden dort gebaut, wo bereits alte Einheiten bestehen.

Laut der Studie werden rund 36 Prozent durch Wohnersatzneubau errichtet. Weitere 20 Prozent entstehen durch Umnutzung von Liegenschaften, das heisst durch den Abriss von Gebäuden, wo zuvor kein Wohnraum vorhanden war.

Wohnobjekte werden vermehrt auf Grundstücken von alten Einfamilienhäusern erstellt. Wenn es die Bauzone zulasse, würden dort auch Mehrfamilienhäuser gebaut. Zwei Drittel der neuen Wohnungen entstünden durch Ersatzprojekte von Mehrfamilienhäusern. Dabei würden die meisten Wohnersatzneubauten mehr Wohnungen bieten als vorher.

“Die Erstellung von Wohnungen nach Abbruch bestehender Gebäude ist zum wichtigsten Fundament für den Wohnungsbau geworden. Der Anteil der Wohnungen, die auf der grünen Wiese entstehen, liegt derzeit noch bei 40 Prozent”, fasst der Immobilienberater zusammen. Diese Bauart finde zunehmend Beachtung über die ganze Schweiz und werde nicht nur in hochpreisigen Kommunen eingesetzt.

Die Zahl der Baubewilligungen für neue Wohneinheiten sei deutlich gesunken, schreibt WüestPartner und die Wohnbauproduktion dürfte im kommenden Jahr abnehmen. Dennoch werde der Leerstand bei Mietwohnungen weiter zunehmen, da der Nettozuwachs an Wohnungen noch immer höher ausfallen dürfte als die Nachfrage.

Zudem werden viele Wohnungen nicht dort gebaut, wo sie nachgefragt würden. Derzeit stünden rund 34’000 Objekte mehr leer, als für Umzüge der Bevölkerung und Haushaltsgründung benötigt würden.

Dass im laufenden Jahr die Leerstandsquote in der Schweiz aber dennoch “nur” auf 1,66 von 1,62 Prozent gestiegen ist, erklärt WüestPartner mit Sonderfaktoren. So sei die Zahl der Single-Haushalte stark gestiegen und viele Wohnungen würden als Zweitwohnsitze genützt. Doch diese Trends dürften sich voraussichtlich nicht noch weiter ausdehnen.

Auch bei den Eigentumswohnungen zeichnet sich trotz steigenden Interesses ein Angebotsüberhang ab. Während vor allem in Gebieten mit attraktiven Arbeitsplätzen das Angebot knapp ist, nimmt das Angebot insgesamt stetig zu.

Dies liegt laut WüestPartner aber nicht daran, dass der Bau von Wohneigentum zugenommen hätte. Im Gegenteil sei die Bautätigkeit in den vergangenen Jahren rückläufig gewesen. Vielmehr würden die Wohnungen am falschen Ort gebaut oder sie seien zu teuer und damit für immer mehr Interessenten unerschwinglich, schreiben die Immobilienspezialisten.

Da die Banken zudem die Tragbarkeitsregeln verschärft hätten, reiche trotz rekordtiefer Zinsen das Einkommen der Interessenten nicht aus und die eigenen vier Wände dürften daher für viele Haushalte ein Traum bleiben.

Ein kleiner Trost für Mieter ist aber, dass die Mieten im kommenden Jahr sinken dürften. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) erwartet, dass der Referenzzinssatz für Hypotheken bereits im März auf 1,25 von derzeit 1,5 Prozent gesenkt wird. Damit die Mieter davon profitieren können, müssen sie aber von sich aus beim Vermieter aktiv werden und eine Senkung verlangen.

Der hypothekarische Referenzzinssatz wird vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) vierteljährlich bestimmt. Seit Sommer 2017 steht der Satz trotz deutlich gesunkener Zinsen bei 1,5 Prozent.

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