Trotz weniger Wohnbauten keine Entspannung bei Leerständen in Sicht

In der Schweiz haben die Behörden im vergangenen Jahr deutlich weniger Baubewilligungen gesprochen, und die Zahl der neugebauten Wohnungen dürfte in den kommenden Jahren auch zurückgehen. Dennoch bleibt das Problem, dass viele Wohnungen auch längere Zeit leer stehen.

Viele Investoren bauen gemäss einer am Dienstag von der Zürcher Kantonalbank (ZKB) vorgestellten Studie über den Schweizer Immobilienmarkt nämlich nach wie vor an der Nachfrage vorbei. Gebaut werde vor allem in Regionen, wo die Leerstände bereits hoch sind. Daher dürfte Problem der Leerstände noch zunehmen.

Im zweiten Halbjahr 2018 sind die Baubewilligungen für Mietwohnungen um 20 Prozent gesunken. Über das ganze Jahr beträgt das Minus immerhin noch 7 Prozent. Der Rückgang der Baubewilligungen ist aber vor allem der Tatsache geschuldet, dass es in Städten wie Zürich, Basel oder Genf trotz anhaltend hoher Nachfrage schwieriger geworden ist, zu bauen. Das habe Investoren dazu veranlasst, mit Neubauprojekten in die Peripherie auszuweichen.

Gemäss der ZKB-Analyse dürfte der Mietwohnungsbau von 53’900 im letzten Jahr auf 52’600 im Jahr 2019 und auf 50’400 Wohnungen im 2020 zurückgehen. Trotzdem dürfte sich die Leerstandsproblematik in der Schweiz verschärfen, vor allem in der Peripherie von Städten. Insgesamt geht die ZKB davon aus, dass im Jahr 2020 schweizweit knapp 72’000 Mietwohnungen leer stehen dürften, dies nach 59’700 im letzten Jahr. Davon seien nur 17 Prozent zum Verkauf, aber 83 Prozent zur Miete bestimmt. Die Leerstandsquote betrug Ende 2018 bei Mietwohnungen insgesamt rund 2,3 Prozent, in einzelnen Regionen aber ein Mehrfaches davon.

Solange die Zinsen so tief seien, dürfte es auch nicht zu einer Entspannung kommen, sagte Ursina Kubli vom ZKB-Immobilienresearch. Daher dürften neben Wahlplakaten auch weiterhin Mietwohnungsplakate den Strassenrand in ländlichen Regionen prägen, wo mit ‘Herbstspecials’ wie ‘1 Monat-Gratismiete’ oder mit ‘Frühlingsspecials – Miete verhandelbar’ potenzielle Mieter angelockt werden sollen.

Finanziert werden die teilweise leerstehenden Renditeliegenschaften meist von institutionellen Anlegern, für die es kein so grosses Problem ist, wenn einzelne Wohnungen auch mal länger nicht bezogen werden, da sie ihre Projekte mit Eigenkapital finanzieren. Solange die Zinsen so tief seien und es an Anlagealternativen fehle, nützten Selbstregulierungsmassnahmen der Banken wenig.

Schwieriger sei es für private Investoren, die meist kleinere Wohnblocks mit Bankkrediten erstellten. Für sie könnte ein Zinsanstieg zum Problem werden. Wenn die Renditen stiegen, drohten Abwertungen, erklärte ZKB-Expertin Kubli. Dies könnte auch für einzelne Banken dann möglicherweise zum Problem werden. “Ich sehe die Sorgen der SNB”, sagte Kubli.

Eine Massnahme, um dem ausgetrockneten Wohnungsmarkt und den hohen Bodenpreisen in den Städten zu begegnen, sei verdichtetes Bauen. Damit kommt aber auch die Diskussion einer Mehrwertabgabe ins Spiel: Landbesitzer sollen bei Aufzonungen einen Teil des Mehrwerts abführen.

Verdichtetes Bauen bedeutet in erster Linie den Bau von Hochhäusern, die derzeit vielerorts aus dem Boden spriessen. “Bei Hochhäusern glänzen die Augen der Investoren”, sagte ZKB-Fachfrau Kubli. Planung und Bau eines Hochhauses sei zwar teurer und auch wegen der zu erwartenden zahlreichen Einsprachen schwieriger als andere Bauten.

Kubli schätzt die Mehrkosten auf 15 bis 25 Prozent. “Ein Hochhaus rentiert erst ab 14 bis 16 Stockwerken”, sagt Kubli. Wohntürme hätten aber eine enorme Anziehungskraft. Die Mieter seien bereit, mehr für eine Wohnung in einem oberen Stockwerk zu bezahlen. Ab der zehnten Etage betrage die “Stockwerkprämie” mehr als zehn Prozent. Einzig um das 13. Stockwerk machen die Mieter eher einen Bogen. Dort beträgt die Prämie gemäss der Studie nur rund 5-6 Prozent.

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