Es ist das grösste Bauprojekt der letzten Jahre in Bern: auf dem Vierer- und Mittelfeld soll ein neues Stadtquartier für rund 3000 Bewohner entstehen. Nun nimmt das Grossprojekt erstmals sichtbare Gestalt an. Die Stadt hat in einem Planungswettbewerb ihre Favoriten erkoren.
Oben aus schwangen interdisziplinäre Architekturteams aus dem Raum Zürich. Die Wettbewerbsteilnehmenden hatten eine komplexe Aufgabe zu bewältigen, denn es galt, sowohl städtebauliche Ideen, einen Stadtteilpark und Wohnideen vorzuschlagen.
In der Sparte Städtebau setzt die Jury auf das Projekt “VIF_2” des Teams Ammann Albers StadtWerke GmbH und weiterer Partner. Die Zürcher vermochten auch beim geplanten Stadtteilpark zu überzeugen.
Prägendes Merkmal des Projekts sind zwei diagonale Achsen, die das Rückgrat des Quartiers bilden und insbesondere für den Fuss- und Veloverkehr eine gute Grundstruktur bilden.
Das Projekt baue mit Sorgfalt die bestehende Stadt weiter, schreibt die Stadt in einer Mitteilung vom Freitag. So verzichte das Zürcher Team unter anderem rund um das historische Burgerspittel auf Hochhäuser. Der Park punktet für die Stadt unter anderem mit seiner Grosszügigkeit und dem Einbezug des Bremgartenwaldes.
In der Sparte Wohnen überzeugte die Jury das Projekt “Ensemble_2” von ARGE pan m GmbH und Partner am meisten. Das Team zeige anhand verschiedener Haustypen anschaulich, wie eine vielfältige urbane Nachbarschaft aussehen könnte.
Die Bevölkerung kann alle 26 Wettbewerbsprojekte vom 17. Januar bis am 2. Februar im ehemaligen Swisscom-Hochhaus an der Ostermundigenstrasse besichtigen.
Das Vierer- und das Mittelfeld sind auf einem Plateau über dem Aarehang gelegene, stadtnahe Landreserven, die seit Jahren landwirtschaftlich genutzt wurden.
1914 fand auf dem weitläufigen Areal die Schweizerische Landesausstellung statt. In den 1960er-Jahren erwarb es der Kanton Bern für den Bau eines Universitätscampus. Doch der Plan wurde schliesslich aufgegeben.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends plante die Stadt bereits eine Überbauung des Viererfelds, doch das Vorhaben scheiterte an der Urne knapp. Luxuswohnungen, autofreies Wohnen und zu wenig Grünflächen waren Argumente der Kritiker, die verfingen.
2013 legte die Stadt Pläne für ein neues Stadtquartier auf dem Viererfeld und dem benachbarten Mittelfeld auf. Das Quartier soll nicht mehr autofrei, sondern nur noch autoarm und sozial durchmischt sein.
In der öffentlichen Mitwirkung ergab sich eine breite Zustimmung, aber auch Widerstand wurde laut. Der Kanton Bern sicherte der Stadt 2014 ein Kaufrecht für das Gelände zu. 2016 sagte die Stimmbevölkerung grundsätzlich ja zur Überbauung des Areals.
“Was lange währt, wird endlich gut”, betonte der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) am Freitag vor den Medien laut Redetext. Von Graffenried zeigte sich nach Abschluss des Planungswettbewerbs erfreut über die Qualität der eingereichten Arbeiten.
Er sei überzeugt, dass es möglich sein werde auf dem Vierer- und Mittelfeld “ein sozial durchmischtes Wohnquartier mit vorbildlichen ökologischen Standards zu realisieren”, führte von Graffenried aus. Das Projekt sei ein “Leuchtturm der zeitgemässen Stadtentwicklung”.
Gemeinderat Michael Aebersold (SP) bezeichnete die Siegerprojekte als “ausgezeichnete Ausgangslage für die anstehende Suche nach Investoren”.
Der Planungswettbewerb bildet das Gerüst für die nächsten Planungsschritte. In einer Masterplanung müssen die Leitideen aus dem Wettbewerb konkretisiert und in eine umsetzbare Form gebracht werden. Auf dieser Basis erfolgt die Ausschreibung der Baufelder im Baurecht.
Auf dem Gelände sind fast 1200 Wohnungen für rund 3000 Menschen geplant. Auf dem Viererfeld soll die Hälfte der Bauträgerschaften gemeinnützig sein, auf dem Mittelfeld wird der Anteil noch höher sein.
Ziel ist es, dass auf dem Areal auch erschwinglicher Wohnraum entsteht. Noch nicht entschieden ist, ob die Stadt selber ein Wohnbauprojekt realisiert. Zum neuen Quartier soll ein Park gehören, von dem auch die angrenzenden Quartiere profitieren können.
Gebaut werden kann frühestens 2023, wie die Stadt in ihrer Mitteilung schreibt. Bevor die Bagger auffahren, müssen auch die Stimmberechtigten zustimmen. Abgestimmt werden kann bestenfalls in zwei Jahren.