Das Raumplanungsgesetz (RPG) setzt dem Bauen ausserhalb von Bauzonen enge Grenzen. Die Kantone rufen nach Spielraum für massgeschneiderte Lösungen. Nun nimmt der Bundesrat das Anliegen auf.
Er hat dem Parlament am Mittwoch die zweite Etappe der RPG-Revision vorgelegt. Diese hält am Grundsatz der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet fest. Im Gegensatz zu heute sollen Ausnahmen aber nicht mehr schweizweit einheitlich gelten, sondern auf die Regionen zugeschnittene Lösungen erlauben.
Dafür will der Bundesrat den Kantonen die Möglichkeit geben, unter Umständen über die heutigen Ausnahmen hinauszugehen. Diese können nicht zonenkonforme Bauten bewilligen, sofern dabei die räumliche Gesamtsituation in dem Gebiet verbessert wird: Eine Baubewilligung für einen nicht zonenkonformen Bau darf nur erteilt werden, wenn gleichzeitig Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen ergriffen werden.
Das kann für ein ganzes Gebiet im Rahmen eines Nutzungsplans geschehen. Heute sei es im Voralpengebiet oft nicht möglich, das Verpflegungs- und Beherbergungsangebot auszubauen, erklärte Bundesrätin Doris Leuthard vor den Bundeshausmedien. Künftig soll zum Beispiel ein zu klein geratenes Restaurant erweitert werden können, wenn im Gegenzug im gleichen Gebiet ein störendes, nicht mehr genutztes Gebäude abgebrochen wird.
Die Kantone können auch Ausnahmen bloss für einzelne Gebäude bewilligen, sofern der Bauherr ein nicht mehr genutztes Gebäude beseitigt. Dadurch werde eine Mehrnutzung ermöglicht, ohne die Landschaft zusätzlich zu belasten, sagte Leuthard. Beide Möglichkeiten müssen im kantonalen Richtplan vorgesehen sein. Dieser wird vom Bundesrat bewilligt. “Es ist klein Blankoscheck”, stellte die Bundesrätin klar.
Allerdings steht das Raumplanungsgesetz seit Jahren unter Druck. Die 2014 in Kraft gesetzte RPG-Revision schränkt die Einzonung stark ein, was vielen Kantonen sauer aufstösst. Die Zweitwohnungsinitiative führte zu weiteren Auflagen vor allem in den Berggebieten. Gleichzeitig werden aufgrund des Strukturwandels immer mehr landwirtschaftliche Gebäude nicht mehr genutzt.
Jede Lockerung des Raumplanungsgesetzes, die das Parlament beschliessen würde, hätte sogleich in der ganzen Schweiz Geltung. Der zusätzliche Gestaltungsspielraum, den der Bundesrat vorschlägt, soll ausufernde Umnutzungen ausserhalb von Bauzonen verhindern. Dort stehen heute fast 600’000 Gebäude, darunter Ställe, Scheunen und Maiensässe. Viele davon stehen leer.
Die RPG-Revision soll die damit verbundenen Begehrlichkeiten in geordnete Bahnen lenken. Den Spielraum müssen die Kantone weitgehend selber gestalten. “Alles, was jetzt kommt, muss regional spezifiziert sein”, erklärte Maria Lezzi, Direktorin des Bundesamts für Raumentwicklung (Are).
Auch die Ausnahmetatbestände für Bauten ausserhalb von Bauzonen sollen nicht mehr schweizweit einheitlich gelten. Das betrifft zum Beispiel Crevetten- oder Insektenzuchten in landwirtschaftlichen Gebäuden, altrechtliche Gewerbebauten oder die landwirtschaftsfremde Wohnnutzung von Bauernhäusern.
Künftig sollen die Kantone selber entscheiden müssen, welche dieser Ausnahmen in welchem Gebiet und in welchem Umfang anwendbar sind. Ausnahmen, die nicht im kantonalen Gesetz vorgesehen sind, können auch nicht gewährt werden.
Weiter schlägt der Bundesrat vor, dass Baubewilligungen für neue Bauten und Anlagen ausserhalb von Bauzonen grundsätzlich mit einer Beseitigungspflicht verknüpft werden. Die Bewilligungen sollen nicht mehr für alle Zeiten, sondern nur noch für einen bestimmten Zweck erteilt werden. Fällt dieser Zweck weg und ist keine andere zonenkonforme Nutzung möglich, muss die Baute entfernt werden. Damit will der Bundesrat die Zahl der Gebäude ausserhalb von Bauzonen stabilisieren.
Eine weitere Änderung betrifft die Planungspflicht. Der Bundesrat will präzisieren, dass Behörden in funktionalen Räumen zusammenarbeiten müssen, auch über Gemeinde- und Kantonsgrenzen hinweg. Das betrifft zum Beispiel die Siedlungsentwicklung, Verkehr oder die Energieversorgung.
Die erste Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes ist seit 2014 in Kraft. Einen ersten Anlauf für die zweite Etappe hat der Bundesrat wegen der heftigen Kritik in der Vernehmlassung fallengelassen. Auch der zweite Anlauf stiess auf wenig Gegenliebe, insbesondere bei den Kantonen. Aufgrund dieser Bedenken hat der Bundesrat zahlreiche Änderungen am Entwurf gemacht.