Burgen sind die Wahrzeichen vieler Schweizer Gemeinden. Mit den Jahrhunderten sind sie zu Ruinen verfallen und müssen saniert werden. In der Gemeinde Häggenschwil SG löst die geplante Investition für die Ruine Ramschwag in der Bevölkerung Kritik aus.
Das Gebiet der heutigen Schweiz gehört zu den burgenreichsten Landschaften Europas. Während manche Burgstellen verschwunden oder nur noch als geringe Mauerreste im Wald auszumachen sind, dominieren andere ganze Landschaften als mächtige Ruinen oder gar bewohnte Schlösser.
Die Ruine Ramschwag unweit von Häggenschwil befindet sich auf einer steilen Anhöhe über der Sitter. Sie wurde um 1440 verlassen, als ein Teil davon in den Fluss stürzte. Woher die Herren von Ramschwag kamen ist ungewiss, heisst es in der Gemeindechronik.
Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1167. Die Ritter von Ramschwag hatten in der Umgebung keinen guten Ruf. Sie waren viel in Streitigkeiten mit dem Abt, dem Bischof und anderen Adeligen verwickelt und weit herum verhasst.
Die vielen Streitigkeiten mit dem Kloster und anderen Adeligen zermürbte das Geschlecht der Ramschwager immer mehr. Ihre Macht brach allmählich zusammen. Im Jahre 1385 verlegten sie ihren Wohnsitz in die Burg Blatten bei Oberriet SG.
Im 14. Jahrhundert verfiel die Ramschwag je länger je mehr zu einer Ruine. Der Dachstuhl aus Holz ist im 15. Jahrhundert abgetragen und für den Bau eines Schlösschens in Bischofszell TG verwendet worden. Was von den Ramschwagern geblieben ist, ist das Gemeindewappen mit den zwei Leoparden auf goldenem Grund.
Die Ramschwag sei nicht nur das Wahrzeichen der Gemeinde, sie sei auch die wichtigste Burganlage zwischen Fürstenland und Bodensee, erklärt Hans-Peter Eisenring, Gemeindepräsident von Häggenschwil, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Die Gemeinde kaufte die Ruine Ramschwag 2012 für 35’000 Franken von den Eigentümern.
Auch für den Tourismus sei sie von Bedeutung, sagt Eisenring. Die Ramschwag verfügt über eine grosse Feuerstelle, wo jedes Jahr viele Ausflügler im Schatten des alten Burgfrieds grillieren oder die Beine hochlagern.
Vor vier Jahren löste sich ein rund 20 Kilogramm schwerer Steinbrocken aus dem Mauerwerk der Ruine und fiel aus fünf Metern Höhe auf den Boden – direkt vor den Eingang. Verletzt wurde niemand, die Ruine blieb für einzige Zeit dennoch vorsichtshalber gesperrt.
Als Ursache für den Steinschlag wurde Regenwasser vermutet, das gefror und dann wieder taute. Der Stein konnte sich so aus dem zementhaltigen Mörtel des Gemäuers lösen.
Experten untersuchten Quadratmeter um Quadratmeter und prüften, welche Sanierungsmassnahmen ergriffen werden müssen. Die Liste der Schäden an der Burg ist lang: Bröckeliger Mörtel, Hohlräume im Mauerwerk, lose Steinbrocken, ein teilweise unsicheres Fundament, ganze Mauerpartien, die sich ablösen.
“Das sind die Folgen der Verwitterung”, sagt Michael Niedermann, Leiter der st. gallischen Denkmalpflege. Es bestehe akuter Handlungsbedarf. Vor allem der Fels bröckelt.
An einer Informationsveranstaltung der Gemeinde wurde die Ruine als “alter Steinhaufen” betitelt, den man doch einfach verrotten lassen solle. Niedermann hat wenig Verständnis für solche Aussagen: “Es geht um den Schutz eines Kulturobjektes, das unter Denkmalschutz steht.”
Der Burghof war von allen Seiten durch eine Ringmauer geschützt, die heute zum Teil in die Sitter abgestürzt ist. Man könnte diesen Zeugen der Vergangenheit doch nicht einfach den Hang herunter lassen, sagt Niedermann.
Der Gemeindepräsident will die Reaktionen aus der Bevölkerung nicht überbewerten. “Wenn die Ruine weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll, muss sie saniert werden.” Für die dringendsten Massnahmen stehen Kosten von rund 300’000 Franken an.
Die Gemeinde hat bereits 100’000 Franken an Rückstellungen gebildet. Der Gemeinderat wolle dieses Kulturgut pflegen, damit es für die Nachkommen noch möglichst lange erhalten werden könne, sagt Eisenring.
Der Denkmalschützer rät der Gemeinde, die Ruine Ramschwag mit weiteren Massnahmen längerfristig zu konservieren. Für einen Verkehrskreisel werde schnell eine Million Franken hingeblättert, so Niedermann. Die Sanierung der Ruine sei kein Luxus, sondern schlicht notwendig. Von den Sanierungskosten von 750’000 Franken würden der Kanton und der Bund 60 Prozent übernehmen.
Als Vorzeigeobjekt nennt Niedermann die Sanierung der Ruine Blatten in Oberriet – womit wir wieder bei den Rittern von Ramschwag wären. Aufgrund des schlechten Zustandes des Mauerkranzes der Burg liess der Oberrieter Gemeinderat 2015 nicht nur die Ruine selbst absperren, sondern auch das umliegende Areal. Die Massnahmen, die für die Sicherung des Gemäuers nötig waren, hatten die kantonale Denkmalpflege und die Kantonsarchäologie definiert.
Im Sommer 2016 erhielt die Burgfestung Blatten – sie stammt aus dem Jahr 1230 und hat eine bewegte Geschichte – ein stählernes Korsett. Wegen der in der Burg lebenden Turmdohlen hatte man mit der Sanierung nicht früher beginnen können.
Nach der Sanierung sollte die Burgruine für die nächste 50 Jahre sicher sein. Von der Bevölkerung wird die Burg rege genutzt. Von April bis September ist die Schlosswirtschaft offen und sie kann für Hochzeiten oder Feste gemietet werden. Jeden Sonntag hissen Mitglieder des örtlichen Skiclubs im Turm die Fahne und übernehmen das Zepter.