Berner SVP gegen weiteren Fusionsdruck auf Gemeinden

Der Kanton Bern denkt einmal mehr darüber nach, wie er die Vielzahl seiner Gemeinden reduzieren könnte. Für die Berner SVP ist klar: Noch mehr Fusionsdruck auf die Gemeinden kommt nicht in Frage. Nicht die Anzahl Gemeinden sei das Problem, sondern teure und ineffiziente Strukturen und Überreglementierungen.

Eine kleine Gemeinde sei nicht zwangsläufig unprofessionell, betonte Parteipräsident Werner Salzmann am Montag vor den Medien in Bern. Im Weiteren hätten Gemeindefusionen kaum positive finanzielle Auswirkungen, berief sich Salzmann auf eine Studie der Hochschule St. Gallen aus dem Jahr 2016.

Auch das Versprechen, dass sich in grösseren Gemeinden einfacher Leute ein Amt finden lassen, hat sich für Salzmann nicht bestätigt. Im Gegenteil: in grösseren Gemeinden identifizierten sich die Leute noch weniger mit ihrem Wohnort.

Gemeindefusionen machen laut SVP nur dann Sinn, wenn sie von der Basis her initiiert werden. Also wenn Gemeinden von sich aus zusammen spannen wollen.

“Es muss sich zusammenfügen, was zusammen gehört”, doppelte der Zollikofner Gemeindepräsident und SVP-Grossrat Daniel Bichsel nach. Gerade auf dem Land habe sich die Hoffnung auf eine Stärkung der Finanzkraft der Gemeinden durch Fusionen nicht erfüllt.

Der Regierungsrat hat Mitte Februar einen Bericht vorgelegt, in dem er zum Schluss kommt, dass ein Kanton mit 100 bis 150 Gemeinden Vorteile brächte. Das wären etwa halb so viele Gemeinden wie heute.

Aktuell zählt der Kanton Bern 347 Gemeinden, rund die Hälfte davon sind kleine Kommunen mit weniger als tausend Einwohnern. Gerade für kleinere Gemeinden ist es nicht immer einfach, genügend qualifizierte Leute zu finden, um alle Ämter zu besetzen.

Seit Jahren versucht der Kanton Gegensteuer zu geben, indem er Gemeindefusionen finanziell unterstützt. Ebenso alt wie die Bestrebungen des Kantons ist der Widerstand der SVP gegen den Fusionsdruck auf die Gemeinden.

Heute gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Zwar gibt es Durchsetzungs- und Zwangsmassnahmen, diese wurden jedoch bisher mit grosser Zurückhaltung angewendet.

Von rund 400 ist die Zahl der Gemeinden in den vergangenen Jahren auf 347 gesunken. Dem Kantonsparlament geht dies zu wenig flott voran und so überwies es 2015 ein Postulat mit der Forderung, die Regierung soll prüfen, wie ein Kanton mit nur 50 Gemeinden aussehen könnte.

Davon rät der Regierungsrat allerdings in seinem Bericht ab. Ein Kanton mit 100 bis 150 Gemeinden käme für den Regierungsrat eher in Frage. Um dieses Ziel zu erreichen kann sich die Regierung zwei Wege vorstellen: die Weiterentwicklung der heutigen Fusionsförderung, die auf Freiwilligkeit basiert oder ein grundlegender Strategiewechsel hin zu verordneten Fusionen. Letzteres würde allerdings eine Verfassungsänderung bedingen.

Der Regierungsrat will Gemeindefusionen künftig gezielter aus einer Gesamtschau steuern. Dazu soll ein kantonaler «Fusionsrichtplan» mit «homogenen Raumeinheiten» gebildet werden.

Auch dieser Richtplan ist der Berner SVP ein Dorn im Auge. “Es gibt schon heute genügend Bürokratismus durch die bestehenden Richtpläne”, sagte die Sigriswiler Gemeindepräsidentin und SVP-Grossrätin Madeleine Amstutz vor den Medien.

Anstatt Gemeinden zusammenzufassen scheinen der SVP andere Schritte zielführender: Etwa die Abschaffung von ineffizienten Strukturen und Gremien. Im Visier hat die SVP allen voran “die stark reglementierten Regionalkonferenzen und Teilkonferenzen”, die aus Sicht der Partei die Zusammenarbeit verkomplizieren.

Auch eine Harmonisierung der Wahl- und Verwaltungskreise mit klarer Trennung zwischen städtischen und ländlichen Gebieten schwebt der Partei vor.

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