Berner Tramprojekt: Befürworter wollen Landbevölkerung überzeugen

Ein Tram soll dereinst die überlastete Buslinie 10 zwischen Bern und Ostermundigen ersetzen. Nach dem Ja in den beiden Gemeinden, wird nun auf Kantonsebene über das Projekt abgestimmt. Die Tram-Befürworter müssen vor allem die Landbevölkerung vom Nutzen des städtischen Projekts überzeugen.

Auf dem Land würden Bahnhöfe und Postautolinien geschlossen, da könne es doch nicht angehen, dass die Stadt ein nutzloses Luxustram baue, argumentieren nämlich die Gegner.

Die Befürworter setzen stattdessen auf die Solidarität der Bevölkerung im ganzen Kanton, wie Vertreter des Ja-Komitees am Donnerstag in Bern betonten.

Der Kanton Bern investiere Jahr für Jahr -zig Millionen Franken in Verkehrsprojekte im ganzen Kantonsgebiet, betonte etwa EVP-Grossrätin Christine Schnegg. Die Seeländerin zählte zur Illustration Projekte wie die Umfahrungsstrasse Aarwangen, den Bypass in Thun, die Transjurane oder den Lötschberg-Basistunnel auf.

In den kommenden Jahren werden laut Schnegg kantonsweit über 70 grosse Verkehrsprojekte umgesetzt, von Tramelan über Konolfingen bis Wilderswil. Allein die zehn grössten Projekte würden mit rund acht Milliarden Franken zu Buche schlagen – bezahlt “von uns allen gemeinsam”.

Schnegg appellierte an den Gemeinsinn, der beispielsweise auch im Fall der Umfahrung Aarwangen gespielt habe. Die Stadtbevölkerung habe diesem Hundertmillionenprojekt im Oberaargau zugestimmt. Nun gelte es, Leih zu halten.

Auch der Langenthaler Stadtpräsident Reto Müller outete sich als “Fakelträger der innerkantonalen Infrastruktursolidarität”, wie er es nannte. Der volkswirtschaftliche Nutzen des Trams werde gut doppelt so hoch sein wie die Investitionen, betonte er. Dies nütze letztlich allen.

Auch der ehemalige Ostermundiger Gemeindepräsident Theo Weber (SVP) betonte den volkswirtschaftlichen Nutzen des Tramprojekts. “Ich weiss, der Begriff Wirtschaftsmotor Bern wird nicht überall im Kanton gern gehört”, aber es sei nun mal eine Tatsache, dass Stadt und Agglomeration Bern rund die Hälfte des bernischen Bruttosozialprodukts erwirtschafteten. Ein starker Wirtschaftsmotor komme letztlich allen im Kanton zugute.

Der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (Grüne) blickte zurück auf seine Zeit als Nationalrat. Er habe erlebt, mit welch harten Bandagen die Kantone um die Ansiedlung von Unternehmen kämpften. Und eine gute Verkehrsinfrastruktur gehöre ganz klar zu den Bedingungen der Unternehmen, führte von Graffenried aus.

Die Stadt Bern setze daher auf zukunftsträchtige Mobilitätsformen, zu denen ganz klar das Tram gehöre. “Tramlinien sind Lebensadern urbaner Siedlungsräume”, führte von Graffenried aus.

Der Berner Stadtpräsident warf zudem einen Blick in die Zukunft. In den nächsten 20 Jahren rechneten Experten mit einer Nachfragesteigerung von rund 40 Prozent. Zuwarten sei vor diesem Hintergrund ebenso wenig eine Option wie die von den Tram-Gegner propagierten Doppelgelenkbusse. Diese könnten die Kapazitäten nur kurz- bis höchstens mittelfristig abdecken. “Danach sind wir wieder gleich weit”.

Das Pro-Komitee ist politisch breit abgestützt. Ihm gehören SP, Grüne, Grünliberale, FDP, EVP, CVP und BDP sowie zahlreiche Verbände und Vereine an, darunter etwa der Handels- und Industrieverein, der VCS oder der Hauseigentümerverband.

Dem Komitee stehen für den Abstimmungskampf rund 200’000 Franken zur Verfügung, wie FDP-Grossrat Adrian Haas vor den Medien sagte. Das Komitee will mit Plakaten, Flyern und Inseraten werben. Auch Sardinenbüchsen will das Komitee an “die leidgeprüften Passagiere” der Buslinie 10 verteilen.

Über das Tram Bern-Ostermundigen wird am 4. März auf Kantonsebene abgestimmt. Dafür gesorgt hat ein Referendumskomitee, dem Bürgerinnen und Bürger, Interessengemeinschaften und Vertreterinnen und Vertreter der Parteien SVP, BDP, EDU und GaP angehören.

Das Komitee sammelte die nötigen Unterschriften gegen den Kantonsbeitrag von rund 100 Millionen Franken.

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