Trotz Kosten: Zürcher Kantonsrat für zentrale Notfall-Anlaufstelle

Für medizinische Notfälle soll im Kanton Zürich eine einheitliche Telefonnummer eingeführt werden: Der Zürcher Kantonsrat hat sich am Montag in erster Lesung mit einer Änderung des Gesundheitsgesetzes grundsätzlich einverstanden gezeigt – trotz höherer Kosten.

Bislang musste der Kanton diesen Notfalldienst nicht organisieren – die medizinischen Standesorganisationen der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker haben ihn aus eigener Kraft gewährleistet. Doch der gesellschaftliche Wandel führt dazu, dass dies zusehends schwieriger wird.

So betreiben junge Ärzte immer seltener eine eigene Praxis, zudem arbeiten sie häufiger Teilzeit. Gerade bei mangelnder Auslastung in der Nacht ist der Notfalldienst unter anderem für Hausärzte wenig attraktiv, wie es im regierungsrätlichen Antrag hiess.

Demgegenüber verfügen immer weniger Patienten über einen Hausarzt, immer häufiger wenden sie sich auch bei Bagatellen gleich an den Spitalnotfall. “Damit wird das Gesundheitssystem mit unnötigen Kosten belastet”, sagte Claudio Schmid (SVP, Bülach).

Dass deshalb Handlungsbedarf gegeben ist, war im Kantonsrat grundsätzlich unbestritten. Die klassische Notfallversorgung sei heute gerade in ländlichen Gebieten schwer abzudecken, meinte etwa Esther Straub (SP, Zürich).

Vorgesehen ist, dass mit einer Änderung des kantonalen Gesundheitsgesetzes der Notfalldienst für die freiberuflich tätigen Medizinalpersonen attraktiver gestaltet wird.

Dazu soll insbesondere eine neue, für das gesamte Kantonsgebiet zuständige Triagestelle für sämtliche Notfälle geschaffen werden. Davon ausgenommen sind die Rettungsdienste, die weiterhin über eine eigene Organisation mit eigener Rufnummer verfügen.

Die neue Triagestelle soll die Anrufer an die jeweils zweckmässigen, richtigen Dienstleister zuweisen, sagte Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger (FDP).

Vorgesehen ist, dass die Patienten je nach Beschwerden an jene Ärzte oder Zahnärzte weitergeleitet werden, die gerade Notfalldienst haben – allenfalls reicht aber auch der Ratschlag aus, sich an eine Apotheke zu wenden oder den Arzt statt mitten in der Nacht am nächsten Tag aufzusuchen. Mehrere Redner erhofften sich dadurch unter anderem eine Entlastung der Notfallstationen der Spitäler.

Auch wenn Handlungsbedarf besteht, Euphorie über die Gesetzesänderung kam bei Astrid Furrer (FDP, Wädenswil) angesichts der Kosten nicht auf: “Die neue Lösung wird doppelt so teuer wie die bisherige”, hielt sie fest. Daniel Häuptli (GLP, Zürich) sprach davon, dass ein VW für den Preis eines Rolls Royce gekauft werde.

Für Kritik sorgte deshalb auch der Umstand, dass der Regierungsrat den Auftrag für die Triagestelle nicht ausgeschrieben hatte, sondern bereits eine Leistungsvereinbarung mit der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich (AGZ) unterschrieben hat. Als “Hauruck-Übung” bezeichnete dies Stefan Schmid (SVP, Niederglatt).

Ein Rückweisungsantrag der GLP, damit nun erst einmal verschiedene Offerten eingeholt werden könnten, scheiterte aber mit 17 zu 154 Stimmen klar. Für die Mehrheit waren die Kosten vertretbar. Es gehe hier um 7,3 Millionen Franken, hatte etwa Lorenz Schmid (CVP, Männedorf) betont: “Wenn es uns damit gelingt, eine gute Triage zu machen und die Spitäler zu entlasten, dann haben wir einen Super-Coup gelandet.”

Die Kosten für die Triagestelle werden je zur Hälfte von Kanton und Gemeinden getragen. Sie soll bereits auf den 1. Januar 2018 starten. Erreichbar sein, wird sie unter der einheitlichen Nummer 0800 33 66 55. Diese ist laut Heiniger leicht zu merken – sie stehe dafür, dass die Triagestelle 365 Tage im Jahr in Betrieb sei.

Die zweite Lesung der Gesetzesänderungen, in deren Rahmen das Gesetz vom Kantonsrat definitiv verabschiedet wird, findet voraussichtlich Mitte Dezember mitten in der Budgetberatung statt.

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