Am neuen Strassenfonds scheiden sich die Geister

Der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) geniesst breite Unterstützung bei den Parteien und der Bevölkerung. Von den Gegnern war bisher wenig zu hören. Am Dienstag sind SP und Grüne nun mit ihren Argumenten an die Öffentlichkeit getreten.

road-259815_640Sie führen einen Abstimmungskampf unter schwierigen Bedingungen. Für die SP hat der Kampf gegen die Unternehmenssteuerreform III Priorität, zudem gibt es prominente Abweichler. Hinzu kommt, dass die Parteien die Idee eines Strassenfonds zunächst grundsätzlich mitgetragen haben.

Nicht hinnehmen wollen SP und Grüne nun aber, dass der Bund den grössten Teil des zusätzlichen Aufwands übernimmt, während die Autofahrerinnen und Autofahrer einen verhältnismässig kleinen Beitrag leisten. Die vom Bundesrat zunächst vorgeschlagene Benzinpreiserhöhung um 15 Rappen erwies sich als nicht mehrheitsfähig, das Parlament beschloss schliesslich zusätzliche 4 Rappen für den NAF.

Das bringt 200 Millionen Franken pro Jahr ein, während der Bund 650 Millionen Franken beisteuern soll. Laut der Berner SP-Nationalrätin und VCS-Präsidentin Evi Allemann ist das fast die Hälfte des Betrags, den die an der Urne wuchtig abgelehnte Milchkuh-Initiative gefordert hatte. Ratskollege Philipp Hadorn (SP/SO) sprach vor den Medien in Bern von einem “Raubzug auf die Bundeskasse”.

Den NAF-Gegnern geht es aber nicht allein ums Geld, sondern auch um die Art der Mobilität, die damit finanziert werden soll. Den Schlüssel zur Mobilität der Zukunft sehen sie nicht in zusätzlichen Strassen, sondern beispielsweise in der Digitalisierung.

Diese erlaube die Vernetzung aller Verkehrssysteme und Verkehrsträger, sagte Edith Graf-Litscher (SP/TG). Damit würden neue Möglichkeiten der kombinierten Mobilität zugänglich gemacht und Stau und Umweltverschmutzung reduziert. Statt verstaubter Konzepte brauche es in der Verkehrspolitik Mut zur Innovation, sagte Graf-Litscher.

road-220058_640Nach Ansicht von Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli (ZH) ist der NAF ein solch verstaubtes Konzept. Wer Strassen säe, werde Verkehr ernten, sagte er. Zu viel Geld in der Strassenkasse führe unweigerlich zu unsinnigem und überdimensioniertem Strassenbau.

Die Befürworter hingegen versprechen bessere Strassen und weniger Stau. Ebenfalls am Dienstag warb ein Komitee aus Städten, Berggebieten, Wirtschafts- und Strassenverbänden in Bern für die “historische Möglichkeit”, die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur auf eine neue Grundlage zu stellen.

Vor drei Jahren habe das Stimmvolk dem Bahninfrastrukturfonds (BIF) zugestimmt, sagte TCS-Zentralpräsident Peter Goetschi. Nun gelte es, auch für die Finanzierung der Strasseninfrastruktur eine Grundlage zu schaffen. Der NAF sei ein intelligentes und ausgewogenes Instrument.

Für ein Ja zum NAF setzt sich auch der Städteverband ein. Der grösste Teil des Verkehrswachstums falle in Städten und Agglomerationen an, sagte dessen Vertreterin Marie-France Roth Pasquier, Gemeinderätin von Bulle FR. Deshalb müssten die Agglomerationsprojekte weitergeführt werden.

Auch die Berggebiete unterstützen die Vorlage. Mit dem NAF werde die Erschliessung und Erreichbarkeit dieser Gebiete wesentlich verbessert, sagte Laurent Favre, Vizepräsident der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB). Davon profitierten die Einheimischen ebenso wie die Gäste und die Wirtschaft.

Die Vertreter der Wirtschaftsverbände hoben die Bedeutung der Strasseninfrastruktur für die Wirtschaft hervor. Die heute weit über 20’000 Staustunden pro Jahr belasteten die Wirtschaft enorm, sagte Hans Wicki, Präsident von bauenschweiz und Ständerat (FDP/NW). Davon seien unzählige KMU betroffen.

Sagt das Stimmvolk am 12. Februar Ja, fliessen jährlich rund 3 Milliarden Franken in den NAF. Wichtigste Einnahmequelle ist der Mineralölsteuerzuschlag, der von 30 auf 34 Rappen erhöht wird. Auch die Einnahmen aus der Autobahnvignette und ab 2020 eine neue Abgabe für Elektrofahrzeuge fliessen in den NAF.

Hinzu kommen die Erträge aus der Importsteuer auf Autos sowie 10 Prozent der Einnahmen aus der Mineralölsteuer. Mit dem Geld werden Betrieb, Unterhalt und Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, die Beseitigung von Engpässen und Verkehrsprojekte in den Agglomerationen finanziert.

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