Bessere Einschätzungen für die Schweizer Wirtschaft

Die Experten der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich haben am Freitag gute Neuigkeiten zur Situation der Schweizer Privatwirtschaft verkündet. Der Indikator für die Geschäftslage legte im Juli – nach einer Atempause im Vormonat – wieder zu. Auch der Brexit-Entscheid kann der Schweizer Wirtschaft derzeit kaum etwas anhaben.

termination-110301_640Das Konjunkturbarometer der KOF, das aus Umfragen unter rund 4500 Unternehmen resultiert, stieg gegenüber dem Vorquartal um 1,6 Punkte auf 8,9. Gegenüber dem Monat Juni verbesserte sich die Lagebeurteilung um 0,9 Punkte.

“Das Jahr 2016 war klar von einer Erholung geprägt”, sagte der Bereichsleiter für KOF-Umfragen Klaus Abberger vor den Medien am Freitag. Neben der positiveren Beurteilung der eigenen Lage hätten auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen seit der Eintrübung nach dem Wegfall des Euro-Mindestkurses wieder deutlich zugelegt, betonte der Wissenschafter.

Allerdings entwickelte sich die Geschäftslage in den einzelnen Wirtschaftsbereichen extrem unterschiedlich. So hat sich die Situation bei den Firmen im Grosshandel beispielsweise deutlich gebessert. Der Indikator legte auf 3,4 Punkte zu, nachdem der entsprechende Wert im April noch bei -7,4 gelegen hatte. Auch im Dienstleistungsbereich schätzen die Anbieter ihre Geschäftslage wieder leicht besser ein. Im Schweizer Baugewerbe veränderten sich die Einschätzungen gemäss der KOF-Untersuchung nicht.

Im Detailhandel und im Gastgewerbe kühlten sich die Einschätzungen dagegen markant ab. Gegenüber April sank das Barometer für den Detailhandel von -8,9 auf -13,3 Zähler und für das Gastgewerbe von -16,9 auf -28,7 Punkte. Als Hauptgründe für diese Entwicklungen zählte Konjunkturforscher Abberger beim Detailhandel eine zu geringe Kundenfrequenz in den Läden, als zu gross eingeschätzte Warenreserven sowie die Erosion bei den Gewinnen auf.

Bezüglich des Gastgewerbes habe sich vor allem die schlechte Witterung negativ bei den Gastronomen niedergeschlagen. Die Beherberungsbetriebe seien angesichts einer leicht höheren Zimmerbelegung nicht mehr so pessimistisch eingestellt wie auch schon, erklärte er.

Auf die Frage, weshalb die Einschätzungen zwischen dem Gross- und Detailhandel so stark auseinanderfallen, verweist Abberger darauf, dass der Grosshandel nach Wegfall des Euro-Mindestkurses viel schneller und vor allem viel stärker als der Detailhandel bei den Preisen in die Zange genommen wurde. Daher hätten die Grosshändler deutlich früher pessimistischer reagiert und nunmehr setze eine Gegenbewegung ein.

Regional entwickelte sich der Geschäftslageindikator im Juli analog zu den Branchen ebenfalls sehr unterschiedlich. Die KOF-Experten betonten, dass sich die Situation insbesondere in der Ostschweiz zusehends bessert. Die Unternehmen in der Ostschweiz verzeichneten im Verlauf der vergangenen drei Monate eine deutliche Aufhellung ihrer Lage, so Abberger vor den Medien, nachdem diese Region besonders stark seit dem Wegfall des Euro-Mindestkurses gelitten hatte.

Die Geschäftslage in der Region Zürich und in der Genferseeregion legten auch zu. Dagegen trübte sich die Situation im Tessin leicht und in den Regionen Zentralschweiz, Espace Mittelland und der Nordwestschweiz deutlich ein.

Der Entscheid der Briten, die EU verlassen zu wollen, kann der Schweizer Privatwirtschaft aber derzeit offenbar nichts anhaben. In der Industrie ist laut der KOF-Untersuchung die Geschäftslage der Firmen, die einen spürbaren Teil ihrer Güter in das Vereinigte Königreich exportieren, nicht wesentlich anders als bei den übrigen Unternehmen. Nur die Finanz- und Versicherungsdienstleister seien geringfügig zurückhaltender hinsichtlich der Nachfrageerwartungen.

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