Das Stadtberner Parlament hat dem Zonenplan Reichenbachstrasse 118 seinen Segen erteilt. Die Stadt will dort selber zwischen 100 und 120 familienfreundliche Wohnungen erstellen. Umstritten war im Stadtrat vor allem, welche Preissegmente die Wohnungen umfassen sollen.
Dass sich für die Vorlage eine Mehrheit finden wird, wurde während der Ratsdebatte schnell klar. Der eher wachstumskritisch eingestellte Stadtrat Luzius Theiler (GPB) von der Freien Fraktion begrüsste etwa das Projekt. “Es bietet eine Möglichkeit des Wohnungsbaus, ohne dafür Naherholungsgebiete zerstören zu müssen”, sagte er.
Auch Sprecher des GB, der SP, der GFL äusserten sich befürwortend. Mit 46 Ja- zu 17 Nein-Stimmen nahm der Stadtrat schliesslich den Zonenplan an.
Gegen den Zonenplan stimmten die BDP, die SVP und die FDP. Die bürgerlichen Parteien sind zwar nicht prinzipiell gegen eine Überbauung des Areals, sie haben aber andere Vorstellungen als der Gemeinderat und die Ratsmehrheit. “Warum baut man nicht ein Hochhaus?”, fragte etwa Barbara Freiburghaus von der FDP.
Für ein dichteres Bauen, wenn auch nicht für ein Hochhaus, sprach sich auch die SP aus. Sie forderte eine Erhöhung der vorgesehenen Geschossfläche – und fand damit eine Mehrheit. Anstelle der ursprünglich geplanten 90 bis 100 Wohnungen sollen 100 bis 120 Wohnungen gebaut werden.
Ursprünglich wollte der Gemeinderat auf dem städtischen Grundstück an der Reichenbachstrasse die Hälfte der dem Wohnen dienende Geschossfläche dem preisgünstigen oder gemeinnützigen Wohnungsbau vorbehalten. Die Betriebsgruppe des Fonds für Boden- und Wohnbaupolitik hat diesen Anteil aber auf 100 Prozent erhöht.
Das kam bei der Mehrheit des Stadtrats gut an. “Das zeugt von Mut und Pioniergeist”, sagte etwa der SP-Stadtrat Rithy Chheng.
Weniger Freude zeigten die bürgerlichen Partien an diesem Entscheid. “Nicht nur Genossenschaften, sondern auch private Investoren und Pensionskassen brauchen Möglichkeit auf Bauland”, sagte FDP-Stadträtin Freiburghaus. BDP-Sprecher Andrin Soppelsa begründete die Ablehnung des Vorlage gar damit, dass nur gemeinnützige Wohnungen entstehen sollen.
Die SVP scheiterte mit ihrem Antrag, ein Drittel der Fläche für gehobenen Wohnungsbau und Stockwerkeigentum vorzusehen. SVP-Stadtrat Alexander Feuz äusserte die Befürchtung, dass durch günstige Wohnungen die politischen Mehrheiten in der Stadt Bern zementiert werden. “Es kann nicht sein, dass Rot-grün-Mitte nur für ihre eigene Klientel baut”, sagte er.
Erfolgreich war dafür ein Antrag der Kommissionsmehrheit, mindestens 20 Prozent der Wohnungen als “kostengünstige Wohnungen mit niedrigem Ausbaustandart” zu erstellen. “Die Stadt trägt die Verantwortung für diejenigen, welche auf dem Wohnungsmarkt Mühe haben, eine geeignete Wohnung zu finden”, begründete Franziska Grossenbacher (GB) ihre befürwortende Haltung zum Antrag.
Zu reden gab auch die Anzahl Parkplätze. Der Vorschlag des Gemeinderats sah vor, die Anzahl Parkplätze für Motorfahrzeuge auf 0,5 bis 1,0 pro Wohnung zu beschränken. Damit wollte er an der Reichenbachstrasse mehr Parkplätze als auf der geplanten Überbauung Viererfeld ermöglichen. Der Gemeinderat begründete dies mit der nicht optimalen Erschliessung des Areals.
Die SP stellte aber erfolgreich den Antrag, die Anzahl Parkplätze auf 0,5 pro Wohnung zu beschränken. Davon ausgenommen sind allerdings Behindertenparkplätze.
Der SVP wollte jegliche Beschränkung von Parkplätzen verhindern. In einem chancenlosen Antrag fordert sie den Verzicht auf jegliche Vorschriften “hinsichtlich Wohnen, Mobilität und Lebensplanung”.
Neben dem Zonenplan genehmigte der Stadtrat auch die entsprechende Abstimmungsbotschaft Änderungen. Das Stimmvolk befindet voraussichtlich am 25. September über die Vorlage.
Auf dem Areal an der Reichbachstrasse 118 befand sich früher eine Krankenpflegeschule. Diese wurde 2011 aufgelöst – sie wurde überflüssig, nachdem das neue Berner Bildungszentrum Pflege in Bern-Ausserholligen eröffnet worden war.