Stühlerücken in der Versicherungsbranche

Wieder ist es an der Spitze eines Schweizer Versicherungskonzerns zu einem Personalwechsel gekommen. Diesmal tritt der Chef der Helvetia-Gruppe, Stefan Loacker (47), nach genau neun Jahren von seinem Posten per Ende August zurück.

termination-110301_640Ab September wird laut einer Mitteilung des Unternehmens vom Mittwoch der 53-jährige Chef der Schweizer Einheit, Philipp Gmür, den Gesamtkonzern führen. Seine Nachfolge bei Helvetia Schweiz ist allerdings noch offen.

Als Grund für diesen Führungswechsel gibt der Helvetia-Konzern an, dass Loacker nach seiner insgesamt 20-jährigen Tätigkeit bei der Gesellschaft eine berufliche Veränderung suche. Laut einem Firmensprecher will der amtierende Chef der Helvetia-Gruppe zunächst eine Auszeit nehmen und sich dann auf die Ausübung von Verwaltungsratsmandaten konzentrieren.

An der Börse wurde dieser Personalwechsel begrüsst. In einem leicht freundlichen Marktumfeld stiegen die Helvetia-Titel zu Handelsbeginn um rund 1,5 Prozent.

Dass der Führungswechsel im Helvetia-Konzern abrupt gekommen sei, weist der Mediensprecher von sich. Vielmehr sei der Zeitpunkt günstig für einen Stabwechsel gewesen. Einerseits sei die Integration der unlängst getätigten Nationale Suisse durch die Helvetia voll im Plan. Andererseits habe der St. Galler Assekuranz-Konzern auch die strategischen Weichen mit seinem Plan “helvetia 20.20” weit in die Zukunft gestellt, erklärte der Sprecher. Loacker selbst stand für Medienauskünfte nicht zur Verfügung, da er einer zweitägigen Klausurtagung des Verwaltungsrates beiwohnen müsse.

Und dennoch fällt der Zeitpunkt für den Stabwechsel auf. In der Schweizer Versicherungswirtschaft hat es nämlich bereits zahlreiche Veränderungen an der Spitze von Konzernen gegeben. Prominentestes Beispiel ist Zurich Insurance, wo nach dem Rücktritt des inzwischen verstorbenen Konzernchefs Martin Senn seit März 2016 der Versicherungsmanager Mario Greco die Strippen zieht.

Auch bei der Baloise-Gruppe hat es unlängst einen Stabwechsel gegeben. Mit dem Wunsch nach Veränderung hatte Martin Strobel seinen Rücktritt eingereicht und zum Jahresanfang dem Belgier Gert De Winter die Leitung des Basler Versicherungskonzerns übergeben.

Bei der Schweizer Einheit der italienischen Generali-Gruppe zieht mit Andreas Krümmel seit Mai 2016 auch eine neue Person die Fäden. Beim Lebensversicherungskonzern Swiss Life hatte nach dem Fehlkauf der Vertriebsgesellschaft AWD mit dem Wechsel von Bruno Pfister auf Patrick Frost bereits etwas früher, nämlich im Jahr 2014, eine Wachablösung an der Konzernspitze stattgefunden.

Auch international gibt es viele neue Gesichter an den Konzernspitzen der Versicherungswirtschaft. So hat unlängst Europas grösster Versicherungskonzern, die deutsche Allianz-Gruppe, einen Personalwechsel zu Oliver Bäte vollzogen. Die wegen zahlreicher Skandale in die Schlagzeilen geratene Ergo-Versicherungsgruppe führt seit kurzem Markus Riess.

Der französische Axa-Konzern hat unlängst eine Verjüngungskur an der Unternehmensspitze vollzogen und nach 17 Jahren den 61-jährigen Henri de Castries ersetzt. Das Unternehmen wird ab September 2016 von dem 42-jährigen Deutschen Thomas Buberl geführt. Die britische Versicherungsgruppe Prudential hat im vergangenen Jahr Mike Wells als Nachfolger von Tidjane Thiam bestimmt, der zur Grossbank Credit Suisse gewechselt ist.

Und schliesslich hat auch die italienische Generali-Gruppe eine Personalie verkündet. Sie hat im März 2016 als Folge des Weggangs von Mario Greco zur Zurich Insurance den Leiter der Landesgesellschaft Italiens, Philippe Donnet, zum Chef der Gruppe ernannt.

Auch die grossen Rückversicherer blieben von Personalwechseln in den Teppichetagen nicht verschont. Bei Swiss Re wird zum 1. Juli der Manager Michel Liès den Führungsstab an Christian Mumenthaler übergeben. Und beim grössten Rückversicherer der Welt, der Munich Re, wird der seit 2004 amtierende Vorstandschef Nikolaus von Bomhard nach mehr als einem Jahrzehnt auf eigenen Wunsch das Zepter zur Generalversammlung 2017 an Joachim Wenning übergeben.

Als Hauptgrund für die zahlreichen Personalwechsel in der Versicherungsbranche sehen Experten die anstehenden Herausforderungen an. So brauche es laut Beobachtern in der Assekuranz neue Köpfe, etwa für die Bewältigung des Niedrigzinsumfelds und das Aufkommen neuer Vertriebswege. Zudem müssen Abläufe verstärkt digitalisiert werden. Als Folge des sinkenden Prämienniveaus braucht es vielerorts auch neue Geschäftsideen.

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