Die Schweiz möchte ihre kleinen und mittleren Unternehmen dazu ermutigen, nach Asien zu exportieren und dort zu investieren. Trotz einer Abkühlung der Wirtschaft sowie Risiken und Hürden vor Ort bietet gerade China nach wie vor viele Chancen – und nicht nur China.
Es lässt sich nicht abstreiten, dass sich das Reich der Mitte wirtschaftlich auf eine “sanfte Landung” zubewegt. Das macht das Land jedoch noch lange nicht unattraktiv. “Im Jahr 2015 wuchs Chinas Bruttoinlandprodukt (BIP) um einen Betrag, der so hoch war wie die gesamte türkische Wirtschaftsleistung”, sagte Wolfgang Schanzenbach von der Switzerland Global Enterprise vergangene Woche vor Medien in Zürich.
Die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beauftragte Handelsförderungsagentur sieht die Zeit gekommen, um “Asien zu wagen”. Die Agentur setzt sich seit Jahren dafür ein, diese Weltregion den Schweizer Unternehmen schmackhaft zu machen.
“Immer mehr KMU exportieren nach Asien”, sagt Schanzenbach, der für die Region Asien/Pazifik verantwortlich ist. “Aber viele Unternehmen betreiben noch immer einen sehr klassischen Export, in erster Linie nach Deutschland.” Es sei an der Zeit zu diversifizieren, ist er überzeugt.
Das Potenzial der zehn Schwellenmärkte, die im südostasiatischen Staatenverbund ASEAN zusammengeschlossen sind, werde noch sehr wenig wahrgenommen. Die gemeinsame Wirtschaftsleistung (BIP) dieser riesigen Freihandelszone erreichte 2015 ganze 2600 Milliarden Dollar. Die ASEAN belegt den 7. Rang der grössten Weltwirtschaften und ist die Nummer 14 der wichtigsten Schweizer Handelspartner.
Im vergangenen Jahr haben die Schweizer Exporte nach Asien stagniert. Die Ausfuhren nach China (ohne Hongkong) legten bloss um 1,4 Prozent auf 8,9 Milliarden Franken zu. Damit liegt die Volksrepublik jedoch immer noch auf Platz 6 der Absatzmärkte, hinter Grossbritannien und vor Japan.
Die Credit Suisse rechnet für die asiatische Wirtschaft (ohne Japan) mit einem BIP-Wachstum von 5,8 Prozent im Jahr 2016 und von 5,6 Prozent im Jahr 2017. Im vergangenen Jahr betrug das Wirtschaftswachstum im Raum Asien 6 Prozent. Diese Zahlen liegen noch immer höher als jene für die Industrieländer oder für andere Schwellenländer wie Russland und Brasilien, die auf eine Rezession zusteuern.
Für China erwartet die Credit Suisse ein Wachstum von 6,5 Prozent, mit einer Verlangsamung im Verlauf des zweiten Semesters. Für 2017 rechnen die Experten dann mit 6 Prozent. Zum Vergleich: Für Singapur wird für das laufende Jahr ein Wachstum von 1,6 Prozent vorausgesagt. Für Indonesien liegt die Prognose bei 4,6 Prozent.
In Indien könnten die staatlich beschlossenen Massnahmen, mit denen der Konsum angekurbelt werden soll, das Wachstum bis auf 7,4 Prozent treiben. “Jetzt ist die beste Zeit, um in Indien zu investieren”, sagen deshalb die Vertreter von “Invest India”. Die Regierung wache dort über die Umsetzung von beschlossenen Programmen und über erreichte Fortschritte, sagt die Förderagentur. Der indische Staat habe sich vom Regulator zum “Facilitator” gewandelt.
Und in China? Im vergangenen Jahr nahmen die ausländischen Direktinvestitionen dort insgesamt zu; in der herstellenden Industrie gingen sie etwas zurück und flossen stattdessen vermehrt in den Dienstleistungssektor.
Was den KMU vor Ort das Leben zu erschweren scheint, ist allerdings die Kluft zwischen den offiziellen Abmachungen und Versprechen einerseits und der Alltagsrealität andererseits. In gewissen Provinzen anerkennen chinesische Beamte etwa das 2013 zwischen Bern und Peking geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen nicht.
Auch der 2013 unterzeichnete Freihandelsvertrag zwischen der Schweiz und China, der seit bald zwei Jahren in Kraft ist, wird nicht immer respektiert. Die Umsetzung vor Ort braucht Zeit und erfordert zusätzliche Ressourcen.
Doch die Reformen sind in China auf Kurs. Im 13. Fünfjahresplan hat die Regierung sogar Massnahmen gegen die Umweltverschmutzung aufgelistet. Dies eröffnet gerade Schweizer Unternehmen Investitionsmöglichkeiten im Bereich der ökonomischen Produktion.
Trotz Integrationsbemühungen bleibt die ASEAN in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht ein sehr heterogener Raum. Dies unterstreicht auch die offizielle malaysische Handelsförderagentur Matrade. Bevor ausländische Unternehmen “Asien wagen”, sollten sie auf zwei Punkte achten.
Zum einen müsse ein legaler Rahmen zum Schutz von Investitionen vorhanden sein. Zum anderen müssten die Unternehmen sicher sein, dass nicht nur der Zugang zu einem Land einfach sei – sondern auch ein Rückzug aus dem Land.